Zu etwas Ähnlichem: Origami ist die Papierbastelkunst, an die die meisten zunächst denken dürften, wenn ihnen die Stichworte Papier, basteln und Japan zugeworfen werden … Im Gegensatz zu Pepakura ist Origami so alt und so gewissenhaft untersucht, dass es Experten gibt, die sich über die Entwicklung der Origami-Kunst schon ordentlich in die Wolle bekommen haben. Es gibt eine weltweite, riesige Origami-Fangemeinde und Origami hat eine Geschichte mit mystischen Wurzeln, Origami hat sakrale Bedeutung, man spricht Origami mitunter wesentlich mehr zu, als der Ungläubige zu akzeptieren bereit ist.
Origami-Basis
Der Witz an Origami und der Grund dafür, dass es immer die Königsdisziplin unter den Papierbastelkünsten bleiben wird, ist die Beschränkung auf ein quadratisches Blatt Papier und die Fingerfertigkeit. Natürlich gibt es Origami-Freunde, die diese Basis um die eine oder andere Technik erweitern, beispielsweise durch eine Schere, rechteckiges Papier, das Einfärben desselben oder spezielle Falttechniken, bei denen Wasser zum Einsatz kommt – im Grunde ist Origami jedoch nicht mehr als quadratisches Papier, das Wissen um die geometrischen Möglichkeiten und die Fingerfertigkeit des Origami-Bastlers. Der richtige Origami-Experte wird jetzt bereits vermutlich mit dem Kopf schütteln, schließlich gibt es beispielsweise noch die drei Grundfaltformen Frosch, Vogel und Fisch, die die Basis etlicher weiterer Figuren sind. Diejenigen, die beim Origami-Falten eine Schere nutzen, bedienen sich der Kirikomi-Technik – es hat halt alles seine Ordnung …
Origami – ein Papier ist nicht genug
… und dann wiederum nicht. Origami kann aus vielen einzelnen, ineinander steckenden Versatzstücken bestehen, wie bei allen Traditionen, die irgendwann von der gesamten Menschheit adoptiert werden, ist auch der Kreativität, der Komplexität in der Umsetzung und der Vielfalt keine Grenze gesetzt. Vom religiös bedeutsamen, klassischen Kranich über die etwas esoterisch wirkende Blumenverpackung und der kunstvollen Origami-Schachtel bis hin zum komplexen und detailverliebt gearbeiteten Brontosaurier-Skelett kann Origami so ziemlich alles sein – wobei Pepakura, die Nutzung digitaler 3D-Modelle, eines Druckers, von Bastelbögen, Schere und Kleister bei der detailgetreuen Umsetzung von 3D-Modellen in Papier nicht von der Hand zu weisende Vorteile gegenüber Origami hat.
Origami-Geschichte
Origami ist alt, wie alt, das ist nicht ganz sicher – es gibt Leute, die wähnen die Wurzeln dort, wo auch das Papier herkommt oder sogar noch weiter zurück. Origami, das Falten und Falzen als eine Art Urinstinkt, der uns bei jedem Busticketkauf überkommt. Das Wort Origami hat allerdings japanische Wurzeln (Kami heißt Papier) und auch die mit der Origami-Tradition verbundene Mystik ist japanischen Ursprungs. Belege für ein frühes Origami-Modell (die Kunst ist vergänglich) gibt es aus dem späten 17. Jahrhundert in einem japanischen Gedicht. Was damit wiederum belegt ist? Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits Origami und den Lesern von Gedichten ist Origami ein Begriff. Kunstvoll gefaltete Papierverpackungen oder zeremoniell gefaltete Papierfiguren gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits, und die für solche Aussagen Berufenen sind sich sicher, dass Origami Ende des 17. Jahrhunderts bereits einige hundert Jahre alt ist.
Origami in Europa
Origami ist, der Name weist unmissverständlich darauf hin, eine japanische Tradition, wo immer sich allerdings großartige kulturelle Errungenschaften auftun, entstehen unsägliche Debatten um vermeintliche Wahrheiten, die Herkunft, den Schöpfer: so gibt es Schießpulver-, Uhren-, Papier-, Buchdruck-, Aufklärungs-, Paella-, Ricola-, Amerikaentdeckungs- und Tortellini-Debatten getränkt von Kleingeistigkeit, befeuert durch den Mangel an Großmut und Souveränität. Weil sich so viele Menschen in Europa des Origami-Faltens erfreuen, sind Experten natürlich der Frage nachgegangen, ob die Origami-Begeisterung nicht vielleicht doch auf eine irgendwie europäische Tradition zurückgeht und – selbstverständlich – auf Antworten gestoßen. Eine plausible, wenn auch nicht immer zielführende oder gar Frieden stiftende Position nimmt in solchen Debatten meist die Seidenstraßenfraktion ein, die hier natürlich ebenfalls nicht fehlt – genauso wenig wie eine endgültige Antwort auf die Frage, wer denn nun begonnen hat mit dem kunstvollen Falten von Stoffservietten und der rhetorischen Frage, wer es denn gewesen sein soll, wenn nicht die Europäer, die schließlich die einzigen sind, denen eine gefaltete Serviette als Ausdruck vornehmer Tischsitte gilt.
Origami ist gut
Wir wollen den Spaniern nicht die Pajarita-Tradition abspenstig machen, eine eigene, sehr alte Papierfalt-Tradition … Pajarita wird eh meist übersehen, das mag daran liegen, dass Papierfliegen und vergleichsweise einfache Tierfiguren mit der phänomenalen Vielfalt moderner Origami nicht mitzuhalten vermögen. In Japan, noch so eine alte Geschichte, wird dem Falten von Origami-Kranichen heilende Wirkung zugesprochen, Kranke sollen dort schon gegen den Tod angebastelt haben. Hierzulande gibt es neben den Hobbybastlern (ein eigenes Feld) Pädagogen, die Origami einsetzen, um neben der Fingerfertigkeit ihrer Schüler auch geometrische Grundkenntnisse zu schulen. Eine sehr deutsche Origami-Adaption: es ist verpönt, Geld zu verschenken, allerdings ist Geld im Verständnis vieler das einzig ehrliche, vernünftige, vergleichbare und nützliche Geschenk. Die Lösung: Origami-Geld, gerne zu Landschaftsbildern zusammengestellt und eingerahmt.
Origami-Vielfalt
Ursprünglich ist die Origami-Welt auf eine geringe Anzahl von Falt-Methoden und –Modelle reduziert, erst im 20. Jahrhundert explodiert die Vielzahl der Möglichkeiten, Techniken und Figuren. Origami hat eigene Legenden hervorgebracht, wichtig sind zum Beispiel Akira Yoshizawa und Samuel Randlett, die Origami-Bastelanleitungen entwickelt haben, die die Basis für immer kompliziertere Origami-Modelle sind. Auch die Internationalisierung von Origami hat viel zu der heutigen Origami-Vielfalt, den Origami-Modellen, Origami-Schachteln, Origami-Tieren, der Origami-Dekoration beigetragen, heute beschäftigen sich sogar Mathematiker professionell mit Origami-Formeln …